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Samstag, 15. April 2017

Weltrevolution mit Frauen, Indigenen, Chinesen, Marsmenschen und Mary Pickford

Frühe sowjetische Animationsfilme von Nikolaj Chodataev, Ol‘ga Chodataeva, Zenon Komissarenko und Co.

Beim Stichwort „Animationsfilm“ dürften viele zuerst an Walt Disney denken und an seine fantastischen, eskapistischen Bilderwelten, die ab den 1920er Jahren die Leinwände der USA, dann der Welt eroberten. Nun... Animationsfilme gab es in den 1920ern auch jenseits des damals noch nicht so benannten Eisernen Vorhangs. Dort dienten sie nicht immer nur der reinen Unterhaltung, sondern waren auch ein Mittel, um die sozialistische Weltrevolution voranzutreiben – gegebenenfalls bis ins Weltall.

Einer der Pioniere des sowjetischen Animationskinos war Nikolaj Chodataev, der zwischen 1924 und den frühen 1930er Jahren an mehreren Kurzfilmen beteiligt war. Ich sage „beteiligt war“, weil er mit einer größeren Gruppe von anderen Künstlern (darunter auch mit seiner Schwester Ol‘ga Chodataeva) Filme konzipierte und inszenierte – und zumindest bei den ersten seiner beiden offiziellen (und jeweils mit zwei anderen Filmemachern geteilten) Regie-Credits vielleicht nicht die zentrale kreative Kraft war.

Mehr zu Nikolaj Chodataev und den anderen sowjetischen Animationspionieren später. Jetzt gleich zum ersten Film – mit einer sozialistischen Revolution auf dem Planeten Mars!



MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA [„Interplanetäre Revolution“]
Sowjetunion 1924
Regie: Nikolaj Chodataev, Zenon Komissarenko, Jurij Merkulov
Animation: Ol‘ga Chodataeva

„Eine Geschichte darüber, wie der Krieger Kominternov gen Mars flog und dort alle Bourgeois auseinanderjagte.“ So kündigt eine Texttafel zu Beginn dieses 8-minütigen Films das Kommende an. Das ist auch gut so, denn nur aufgrund des wüsten Bildreigens, der dann folgt, wäre es relativ schwierig zu wissen, was in MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA eigentlich passiert.
Der angekündigte Rotarmist Kominternov, der wie ein kräftig-gesunder russischer Bauernjunge aussieht und eine Budjonowka mit Stern trägt, wird also eingeblendet. Dann folgen einige böse Bourgeois-Kapitalisten mit fiesen, grotesken Gesichtern, teils sogar tierischen Fratzen, die Hakenkreuze im Kopf oder gar auf der Stirn tragen und gefesselte Arbeiter wortwörtlich, wie Vampire, aussaugen.
Moment! Hakenkreuze? Das wirkt in einem sowjetischen Film der frühen 1920er Jahre höchst bizarr, da dieses Symbol heutzutage in erster Linie mit den Nationalsozialisten assoziiert wird. 1924 war die NSDAP jedoch eine verbotene Partei, die nach dem Hitlerputsch zunächst ein Randdasein fristete und sowjetische Filmemacher in dieser Zeit kaum interessiert hätte. Ein Kommentator bei einer der vielen youtube-Videos des Films meinte, dass diese möglicherweise bei einer späteren Aufführung des Films in den 1930er Jahren nachträglich hinzugefügt worden seien. Keine vollkommen abwegige Idee, aber erstens ist MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA ein Film, der mit seiner Ästhetik höchstwahrscheinlich nicht in der sozialistisch-realistischen Ära Stalins gezeigt wurde, und zweitens gibt es eine andere Erklärung: Die Swastika war tatsächlich ein Symbol, das auch im späten Russischen Reich und in den Anfängen der Russischen Revolution benutzt wurde. Es war das Lieblingssymbol der letzten Zarengattin, Aleksandra Fёdorovna, die 1918 zusammen mit Nikolaj II. und anderen Mitgliedern der gefallenen Herrscherfamilie von den Bolschewiki hingerichtet wurde. Während der Revolutions- und Bürgerkriegsjahre nutzten Monarchisten, in Ehrung der Zarengattin, dieses Symbol. Das Hakenkreuz wurde in Russland nach der Februarrevolution tatsächlich aber auch als Symbol von der Provisorischen Regierung genutzt, und zwar für ihre Geldscheine. Das Zeichen, das eigentlich ja ein Glückssymbol ist, sollte das Versprechen eines glücklichen Lebens in einer neuen revolutionären Ära markieren. Die Provisorische Regierung selbst hatte kein Glück und wurde im Oktober 1917 von den Bolschewiki hinweg geputscht. (Die Banknoten mit der Swastika waren wesentlich langlebiger als die Provisorische Regierung: diese Geldscheine waren auch in Sowjetrussland im Umlauf, weil sich die Währungsreform der Bolschewiki verzögerte – die Noten wurden bis zur Reform im Mai 1919 weiterhin gedruckt, jedoch mit einer veränderten Signatur, und blieben bis 1922 im Umlauf, wie man hier auf dieser russischen Seite zur Geschichte russischer Münzen und Banknoten lesen kann.) Oder um es einfach mal kurz zu sagen: 1924 brauchte man in der Sowjetunion noch keine deutschen Nazis, um Hakenkreuze und verhasste kapitalistische Bourgeois in einen Zusammenhang zu bringen.
Nebst den Hakenkreuzen tragen die grässlichen Bourgeois auch Hüte mit vielen kleinen Sternchen, was wohl die US-amerikanische Flagge repräsentieren soll. Ein Halbmond ist auch zu sehen (also die Osmanen bzw. Türken) und Eiserne Kreuze (die Deutschen) ebenfalls. Eine der karikaturenhaften Figuren ist eindeutig als Wilhelm II. zu erkennen, der zu dem Zeitpunkt schon im niederländischen Exil weilte. Ein sehr bunter Haufen an antisowjetischen Figuren also – paradoxerweise schienen die Macher von MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA extrem viel Spaß daran gehabt zu haben, diese zu kreieren, und tatsächlich sieht man mehr von den grotesken Fratzen als von den heldenhaften Rotarmisten.
So schrecklich diese interplanetarischen Böswatze auf dem Mars auch sind, so schnell bekommen sie beim Anblick einer Pravda-Schlagzeile Angst. Und nachdem die Rotarmisten mit der Rakete zum Mars geflogen sind, bekommen die Bösewichte gehörig was auf die Schnauze: wie in einem Horrorfilm, der fünfzig Jahre später hätte entstehen können, springt ein phantomartiger Rotarmist aus dem Spiegel und reisst einen Kapitalisten-Bösewicht mit sich fort. Wie in STAR WARS gibt es Scharmützel mit Laser- bzw. Blitzpistolen – oder zumindest sieht es so aus. Im letzten Drittel wird der Kampf wirklich turbulent, und es wird sehr schwierig, der „Handlung“ überhaupt noch zu folgen. Die Kapitalisten bekommen von den Rotarmisten eins über den Schädel gezogen, aber zwischendurch gibt es noch ein mysteriöses, mehrgliedriges, bärtiges Wesen – Gott? Und aus den Augen eines Planeten erwachsen eine Frau (mit recht üppigem Busen) und ein Mann, die sich küssen (?), dabei eine Blase in Herzform bilden, die dann platzt und Kinder herausfallen lässt (?) – was den Rotarmisten peinlich geniert. Zwischendurch gibt es dann diesen zärtlich-poetischen Moment, als ein Rotarmist einigen Sternen beim Tanzen zusieht, sich einen greift und an seine Mütze heftet... Jedenfalls scheinen am Ende die Kommunisten auf dem Mars zu siegen und telegrafieren ihren Sieg sogleich nach Moskau – im Hintergrund erscheint Lenins Geist als stroboskop-artiger Effekt.
Kommunisten bringen die sozialistische Revolution bis zum Mars – was wie sowjetische Propaganda nach Schema F klingt, ist ein wirklich wild-wüster Bilderreigen, der sich nur rudimentär für narrative Konsistenz interessiert und dem vielmehr an der puren Verbildlichung revolutionärer Zersetzung liegt. Dem Dadaismus und Surrealismus ist MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA jedenfalls näher als dem sozialistischen Realismus. Die grotesken Fratzen mit den Kiefern, die wie Uhrwerke mahlen, erinnerten mich etwas an die (weit über 40 Jahre später) entstandenen Animationsarbeiten von Terry Gilliam für Monty Python – auch wenn ein direkter Einfluss mit relativ großer Sicherheit auszuschließen ist.

MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA war ein unabhängig produzierter Film. De-facto-Produzent war Nikolaj Chodataev, der hier sein privates Vermögen investierte, um zusammen mit Zenon Komissarenko und Jurij Merkulov einen ambitionierten Film zu drehen. Letzterer sagte über MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA folgendes:

„The battling rocket squadrons and the flight into the starry cosmos all seemed to us the most surpisingly beautiful, merry and witty spectacle. Amazed and stunned, we laughed happily, rolling around the floor, waving our legs in the dark, empty room. We fancied ourselves as the Columbuses of animation.“

Jetzt habe ich erneut von den Filmemachern gesprochen. Also sollte ich sie mal vorstellen: 
Nikolaj Chodataev wurde 1892 in Rostow-am-Don geboren. Er schloss 1918 in Moskau ein Studium an der Hochschule für Malerei, Skulptur und Architektur ab und arbeitete danach in einer Kommission für Denkmalschutz. Darüber, wie Denkmalschutz in der Bürgerkriegsära (1917-1922) funktionierte, kann ich ohne größere Recherche erst einmal nichts sagen. Nach anderen Angaben war Chodataev Absolvent der Moskauer Künstlerisch-Technischen Werkstätten (Vchumetas) – diese Kunsthochschule war in den frühen 1920er Jahren das Zentrum der künstlerischen Avantgarde in der Sowjetunion, und zog Vergleiche mit dem Bauhaus in Deutschland nach sich. Unabhängig von der biographischen Version kam Chodataev jedenfalls weder vom Spiel- oder Dokumentarfilm, noch vom Theater, sondern von der bildenden und plastischen Kunst. MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA war sein erstes Filmprojekt. Offenbar äußerte sich Chodataev während seiner ganzen Arbeitsphase als Filmemacher selbstkritisch und voller Selbstzweifel über seine Werke: er hatte immer das Gefühl, dass seine Ambitionen größer als die schlussendlichen Resultate waren. Einer seiner letzten Filme, ORGANČIK (siehe unten) wurde 1933 wenig beachtet und wenn, dann verrissen. Sein letzter Film, „Puschkins neues Zuhause“ (der nicht bei IMDb oder beim russischen Animations-Wiki zu finden ist, sondern nur in Giannalberto Bendazzis Buch Animation: A World History. Volume I: Foundations – The Golden Age erwähnt wird, aber ohne russischen Originaltitel) wurde verboten, und dieses frustrierende Erlebnis führte endgültig dazu, dass Chodataev sich vom Film zurückzog (ausgenommen eine Beteiligung an KINOCIRK 1942 als Zeichner) und bis zu seinem Tod 1979 nur noch als Maler und Bildhauer tätig war. In einem Dokumentarfilm wird berichtet, dass Chodataev ein großer Spezialist für Frauenportraits war und sehr viele Portraits seiner Ehefrau malte.

Über Ol‘ga Chodataeva, die 1894 in Moskau geborene jüngere Schwester Nikolajs, ist wenig überliefert. Auch sie absolvierte einen künstlerischen Studiengang und arbeitete zunächst in den frühen 1920er Jahren als Grafikdesignerin. MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA war auch ihr erster Film. Bis Ende der 1920er Jahre arbeitete sie mit ihrem Bruder zusammen bei weiteren Filmen. Im Gegensatz zu ihm blieb sie dem Animationskino jedoch erhalten und führte bis in die späten 1950er Jahre für etwa zwei Dutzend weitere Animationskurzfilme Regie bzw. Co-Regie. Wenn sie keine Kinofilme drehte, inszenierte sie kurze Animationsfilme, die integraler Bestandteil von Aufführungen in einem Moskauer Kindertheater waren. Ol‘ga Chodataeva starb 1968 in der Hauptstadt.

Der dritte genannte Beteiligte an MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA war Zenon Komissarenko, geborten 1891 in Simferopol‘ auf der Krim. Auch er kam wie Chodataev von der bildenden und plastischen Kunst. Mehrere russische Quellen bezeichnen ihn als Schüler des Avantgardekünstlers Kazimir Malevič. Anderswo wird er als Absolvent der oben genannten Moskauer Künstlerisch-Technischen Werkstätten (Vchumetas) bezeichnet, mit Spezialisierung auf Bildhauerei. Welcher Version man auch glauben mag, gilt auch für ihn, dass er kein „cinematographic native“ war und auch nicht vom Theater kam. Gemäß Bendazzi war Komissarenko der Künstler, der im Science-Fiction-Film AĖLITA von 1924 für einige Szenen Stop-Motion-Spezialeffekte erschuf und später den befreundeten Chodataev dazu ermunterte, mit ihm einen eigenen Film zu drehen. Ėduard Nazarov, selbst ein Animationsfilmer einer späteren Generation (Jahrgang 1941), berichtet in einem Dokumentarfilm eine andere Geschichte: für AĖLITA wurde seitens der Produktion die Realisierung von Spezialeffekten ausgeschrieben; Chodataev bewarb sich zusammen mit seinen Freunden Komissarenko und Jurij Merkulov, doch deren Vorschläge wurden nicht ausgewählt. In Reaktion darauf machte sich das Trio auf, ein eigenes Filmprojekt, nämlich MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA, eigenständig zu realisieren (sehr verwirrend ist, dass Nazarov kaum eine Viertelstunde später berichtet, dass Komissarenko sehr wohl bei AĖLITA mitwirkte – was soll denn nun stimmen?). Nach dem nächsten gemeinsam Film, KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!), trennten sich die beruflichen Wege Kommissarenkos und Chodataevs. Von 1928 bis 1933 arbeitete Kommissarenko in der Filmabteilung der Roten Armee und inszenierte dort Lehrfilme (mit Titeln wie „Lerne, ins Ziel zu schießen“, „Das russische Gewehr“, „Das Maxim-Gewehr“, „Das U-Boot“, „Taktischer Angriff“, „Feldaufklärung“,). In den 1930er Jahren wandte sich Komissarenko vom Filmemachen ab und wieder der Malerei und plastischen Kunst zu (darunter auch der Gestaltung farbiger Fensterfronten). Einige seiner Gemälde wurden sogar im Westen, in Paris ausgestellt – ein französischer Kunsthistoriker lobte sie als ausdrucksstarke, abstrakte Malerei. Die Faszination für das Kosmische versiegte nicht mit MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA: Kommissarenko gab seinen Gemälden gerne Titel wie „Universum“, „Venus“, „Milchstraße“. In dem Dokumentarfilm mit Ėduard Nazarov sind einige seiner Bilder bzw. Ausschnitte davon zu sehen. Ich kenne mich mit moderner Malerei nicht besonders aus, würde aber sagen, dass es in Richtung Abstrakter Expressionismus geht. Trotzdem er keine Filme mehr drehte, verbrachte der Animationspionier seine letzten Jahre in einem Altersheim für ehemalige Filmkünstler und verstarb dort 1980 (also mit etwa 89 Jahren).

Über den vierten Beteiligten, Jurij Merkulov, habe ich leider keine Informationen gefunden.



KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) [„China brennt (Finger weg von China!)“]
Sowjetunion 1925
Regie: Nikolaj Chodataev, Zenon Komissarenko, Jurij Merkulov
Animation: Ljudmila Blatova, Valentina Brumberg, Zinaida Brumberg, Ivan Ivanov-Vano, Nikolaj Chodataev, Ol‘ga Chodataeva, Zenon Komissarenko, Jurij Merkulov

Teil 1
Ein grässlich entstellter, grotesker Uncle Sam frisst Indien, Afrika, Australien, Java und den Kopf eines deutschen Lakaien auf. Auf der Suche nach weiterer Nahrung findet er China – ein Land mit hohem „Nährwert“ (heißt: vielen Rohstoffen). Durch ein Spalt in der großen chinesischen Mauer schleicht er sich in das Land. Im Prinzip kommt er schon relativ spät, denn wenig später erfahren wir, dass amerikanische, japanische, englische und französische Kapitalisten (weitere entsetzlich verzerrte Fratzen folgen) zumindest die europäischen Viertel schon unter Kontrolle haben. Ein Hinweis besagt, dass ein Viertel der Weltbevölkerung in China lebt. Einige weitere Informationen über China folgen – und ein Zwischentitel informiert die Zuschauer, dass eine Nationale Befreiungsbewegung darauf zielt, Imperialisten aus China zu verweisen. So was lassen sich die Imperialisten, die zumal auch mit schlangenartigen Missionaren verbandelt sind, nicht gefallen und bombardieren das Land.

Teil 2
In einigen Tableaus sehen wir nun Reisbauern, die sorgfältig Setzlinge einpflanzen. Die amerikanischen Imperialisten sind nun nicht mehr da, dafür aber die Grundbesitzer, ihre Verwalter, ihre Steuereintreiber sowie Bewässerungskontrolleure, die unfähig sind und auf ihrer Arbeit einschlafen. Ein neuer Damm lässt die persönlichen Parzellen der Bauern austrocknen. Als sich die Bauern beschweren, werden sie niedergeschossen. Oder vom Grundbesitzer enteignet und ausgeraubt. 

Teil 3
Falls bis hier irgendjemand den bösen Uncle Sam vergessen haben sollte: jetzt ist er wieder da! Ihm und seinen gemeinen Verbündeten vergeht bald das Lachen, als die chinesischen Bahnarbeiter zu streiken beginnen und politische Versammlungen abhalten. Sie werden dafür niedergeschossen. Mit einer Sache haben die schurkischen Imperialisten allerdings nicht gerechnet: Moskau! Die Strahlkraft, die von der Hauptstadt der Weltrevolution ausgeht, verdreht ihnen gar ihre tierischen Fratzen. Es kommt zu einem Abkommen zwischen China und der Sowjetunion, chinesische Studenten demonstrieren für eine Anerkennung der UdSSR und das Land bekommt dann auch ein Botschaftsgebäude. Sun Yat-sen, der Anführer der chinesischen nationalen Revolution, wird kurz erwähnt. Am Ende gibt es wieder ein Lenin-Bild und ein Lenin-Zitat (scheinbar eine gute Lösung für alle genannten Probleme) und chinesische Hände, die sich gegenüber einem kommunistischen Emblem erheben. Abschließend wird zur internationalen Arbeitersolidarität aufgerufen und der Arbeiterkampf in China zum Kampf aller Arbeiter weltweit erklärt.

Uff... Von allen hier besprochenen Filmen macht KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) wahrhaftig am allerwenigsten Spaß. Er ist nicht nur der längste und dabei im negativen Sinne anstrengendste, sondern auch der offensichtlichste „Propagandafilm“ unter ihnen. Die Experimentierfreude von MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA ist deutlich zurückgefahren: hier geht es schon offensichtlich eher darum, Inhalte zu vermitteln bzw. „reinzuhämmern“.
Wenig hilfreich bei der Sichtung ist die dramaturgische Zerfahrenheit und auch das stilistische Allerlei, die den Film kennzeichnen. Zu ersterem: KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) scheint bisweilen eine etwas zu ambitionierte Strichliste abzuarbeiten. Von einem Thema wird immer wieder unvermittelt zum nächsten gesprungen. An anderen Stellen werden Kleinigkeiten jedoch geradezu aufreizend umständlich ausformuliert: etwa, um von den arbeitenden Reisbauern zu ihren vertrockneten Feldern zu kommen (an dieser Stelle werden gefühlt ein Dutzend Figuren eingeführt, von denen die meisten allerdings kaum relevant sind).
Was das stilistische Allerlei betrifft: von „freigestellten“ grotesken Fratzen, die vor einem schwarzen Hintergrund böse Sachen machen, bis zu den eher impressionistischen Bildern auf den Reisfeldern und zu den fast sozialistisch-realistischen Bildern der Arbeiter auf den Versammlungen durchläuft KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) gefühlt ein halbes Dutzend verschiedene Zeichenstile durch – was die inhaltliche Inkohärenz noch zusätzlich verstärkt. Die stilistische Zerfahrenheit lässt sich allerdings leicht erklären: von dem relativ kleinen Team bei MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA ist die Anzahl der Beteiligten massiv gestiegen. Nebst dem eingespielten Kernteam aus den Chodataevs, Kommissarenko und Merkulov kamen noch die beiden Brumberg-Schwestern Valentina und Zinaida, der Zeichner Ivan Ivanov-Vano sowie die Zeichnerin Ljudmila Blatova dazu, die alle kreativen Input leisteten.

Zu Ivanov-Vano und Ljudmila Blatova habe ich nicht viel gefunden. Die Brumberg-Schwestern jedoch, die sich 1924 bei KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) zum ersten Mal an einem Film beteiligten, wurden später zu etablierten Größen des sowjetischen Animationsfilms. Geboren wurden Valentina und Zinaida Brumberg 1899 bzw. 1900 in Moskau (und teilen sich zufällig ihren Geburtstag!) in eine jüdische Akademikerfamilie – der Vater war Arzt, die Mutter Musiklehrerin. Beide begannen Anfang der 1920er Jahre ihr Studium an der bereits erwähnten Vchutemas. Der Studiengang, den sie belegten, sah in der Studienordnung eine Beteiligung an einem Filmprojekt vor – so landeten sie bei den Vchutemas-Alumni Chodataevs, Komissarenko und Merkulov, die für die Realisierung von KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) Verstärkung suchten. Je nach Quelle kamen die Brumbergs zu dem Film durch eine Ausschreibung – oder aber, weil sie Kommissarenko, Merkulov und die Chodataevs persönlich aus gemeinsamen Lehrveranstaltungen kannten. Nach KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) arbeiteten sie jedenfalls noch weiter mit den Chodataevs, später nur noch mit Ol‘ga. Ab den 1940er Jahren wurden die Brumberg-Schwestern zu etablierten Größen des sowjetischen Animationsfilms und zu einer wichtigen Inspirationsquelle für spätere sowjetische Animationsfilmer und -filmerinnen. Beide galten als sehr freundliche, zugängliche Damen, mit denen man zu jeder Zeit auch ohne besonderen Anlass gut plaudern und Tee trinken konnte. Die Abteilung innerhalb des Animationsfilmstudios Sojuzmul‘tfil‘m, der sie vorstanden, galt als besonders kollegial und die Brumbergs sollen zu allen Mitarbeitern, selbst den unerfahrensten Hintergrundzeichnern, gegenüber stets freundlich gewesen sein. In einem kurzen Dokumentarfilm über die beiden haben die jüngeren Animationsfilmer Ėduard Nazarov und Fёdor Chitruk sowie mehrere ehemalige Brumberg-Mitarbeiter nur lobende Worte über die beiden Schwestern zu verlieren (erwähnen aber, dass bei Streiten untereinander sehr wohl Fetzen fliegen konnten).



ODNA IZ MNOGICH [„Eine von vielen“]
Sowjetunion 1927
Regie: Nikolaj Chodataev
Animation: Valentina Brumberg, Zinaida Brumberg, Nikolaj Chodataev
Darsteller: A. Kudrjavceva (die junge Träumerin), Mary Pickford (Mary Pickford), Douglas Fairbanks (Douglas Fairbanks)

Moskau 1926: Mary Pickford und Douglas Fairbanks besuchen die Stadt und werden auch in der UdSSR als große Stars gefeiert. In diesem Kontext lernen wir eine junge Moskauerin kennen, in deren Wohnung sehr prominent Bilder der beiden, aber auch von Buster Keaton, Charlie Chaplin und Harold Lloyd hängen. Sie geht natürlich auch in die Menschenmenge, um ihre beiden großen Lieblingsstars zu sehen. Zuhause zurück deklariert sie dann den Zuschauern (also gemeint: uns) völlig begeistert, dass Mary sie nach Amerika eingeladen hat und packt einen Koffer für die Reise. Doch, oh je! Von der ganzen Aufregung überwältigt legt sich die junge Frau auf ihre Couch und schläft ein – und beginnt zu träumen...
... und erwacht (im Traum) vor den Studios der United Artists in Hollywood auf. Zunächst ist sie auf einer vielbefahrenen Straße, doch das täuscht. In Wirklichkeit befindet sie sich auf dem Filmset von INTOLERANCE, wo der große „Bolschewik Hollywoods“ David Griffith gerade mit viel Autorität Regieanweisungen durch ein Megafon schreit (wir sind in einem Traum und in Träumen ist ja alles möglich – selbst Griffith als Bolschewik zu bezeichnen). Auf besagtem Set taucht der Tramp (aka Charlie Chaplin) auf und wird von Polizisten verprügelt. So schlimm ist das ganze dann doch nicht, denn er streckt dem jungen Mädchen noch frech die Zunge aus, die daraufhin zu weinen anfängt. Getröstet wird sie durch Pat und Patachon, die zwar menschlich aussehen, sich aber wie Pferde benehmen und ihr versprechen, sie auf ihrem Rücken zu Mary (Pickford) mitzunehmen. Daraus wird leider nichts, denn sie treffen auf der Straße Harold Lloyd, der sichtlich Probleme mit seinem Auto hat und das ganze endet in einem Crash auf einer Baustelle. Harold und die junge Moskauerin werden dann auf einem Hochhausträger in die Höhe gehoben. Nach einigen Versuchen, sich à la NEVER WEAKEN im Gleichgewicht zu halten, fällt die junge Frau hinunter, kann sich aber weiter unten noch festhalten. Währenddessen reitet ein Höhlenmensch (Buster Keaton im Aufzug von THREE AGES) auf dem Dinosaurier Gertie heran, rettet sie und nimmt sie dann auf höchst unsanfte Weise mit. Von einem maskierten Bösewicht (dieser spielt wahrscheinlich auch auf eine Figur aus dem westlichen Stummfilm an – bloß welche weiß ich gerade nicht) wird die Träumerin mit einer List entwendet und in einer Industriepresse platt gedrückt. In diesem Zustand wird sie von einem Cowboy, der aus dem Baum erwachsen ist, in den Buster Keaton vorhin einen Besen verwandelt hat und der zwischendurch einen Zug gecrasht hat... also kurz: die Moskauerin wird vom Cowboy (Tom Mix) gerettet und dann reitet sie mit ihm fort. Nach einigen Umwegen (Sturz in einen Fluss, dann Wirbeln durch den Himmel – was so beim Reiten eben passiert) stellt sich der maskierte Bösewicht in den Weg und kämpft dann mit dem Cowboy, während die Moskauerin auf einem spontan durch Fusion entstandenes Doppelpferd auf der Stelle stehen bleibt. Der Maskierte macht den Cowboy platt und entführt erneut die Moskauerin. Der Dieb von Bagdad (Douglas Fairbanks), der sich spontan vom Himmel heruntergelassen hat, verwandelt die Leiche des Cowboys in einen fliegenden Teppich und eilt zur Rettung der jungen Moskauerin herbei – und verwandelt sich vorher in Zorro. Das Telefon klingelt, und Mary ruft Doug zum Frühstück. Doug geht also weg. Aus einer Höhle tauchen plötzlich Löwen mit anthropomorphen Gesichtern auf, die die wegrennende Moskauerin möglicherweise gleich verschlingen werden. Rechtzeitig springt sie durch ein Loch...
... und wacht auf. Die belebten Portraits ihrer Lieblingsstars an ihrer Wohnungswand sehen die junge Moskauerin verwirrt auf dem Fußboden sitzen und lachen.

Was für eine fantastische kleine Perle von einem irrsinnigen Film! Eine sowjetische Hommage an das Hollywood-Kino in Form eines surrealistischen Traumfilms.
Träumende Frauen sind in der russisch-sowjetischen Kulturgeschichte an sich nichts außergewöhnliches. In Nikolaj Černyševskijs Roman Was tun? von 1863 träumte die Hauptfigur, Vera Pavlovna, zwischendurch von einer Utopie eines künftigen sozialistischen Lebens: eine relativ triste Vision mit gänzlich unsinnlichen (um nicht zu sagen puritanischen) polygamen Vernunftsehen und einer kommunalen Organisation des Lebens, die den Charme einer sterilen Großkantine verströmt – das hinderte diesen auch ansonsten völlig unlesbaren und faden Roman nicht, zur „Bibel“ der russischen revolutionären Bewegung zu werden bzw. Lenin nicht daran, den Titel für seine Schrift über die Organisation der Partei als Avantgarde der Arbeiterschaft von 1902 zu klauen. Wie viel aufregender ist da doch der Traum der jungen, filmbegeisterten Moskauerin, den die Chodataevs und die Brumbergs zusammen erschaffen haben!
Es ist auch der Traum einer frühen Überwindung des Kalten Kriegs. Dieser begann in vielerlei Hinsicht nicht in den späten 1940er Jahren, sondern im Prinzip schon 1917. Die Russische Revolution läutete im Westen, besonders in den USA, den „red scare“ ein: ein massiver Antikommunismus, der sich gegen alles Russische, gegen Ausländer (und auch schon gegen Juden) wandte. In der Sowjetunion wurde die Systemfrage nicht nur als Abstraktion ausgetragen: der Kampf gegen den Kapitalismus wurde rasch zu einem Kampf gegen das Westliche und das Amerikanische. Der sowjetische Kommunismus war bereits in den 1920er Jahren massiv xenophob. Chodataev selbst hatte in MEŽPLANETNAJA REVOLJUCIJA und KITAJ V OGNE (RUKI PROČ‘ OT KITAJA!) schon anitamerikanische Ressentiments bedient. In ODNA IZ MNOGICH ist davon keine Spur zu sehen. Wenn auch das Fangirl-Verhalten des jungen Mädchens ein wenig auf die Schippe genommen wird, so ist der Film das Dokument einer echten Liebe für das US-amerikanische Kino und seine Helden (und Antihelden).
Wie viele dieser Stummfilme in der UdSSR in die Kinos (und vor allem: in wie viele Kinos) kamen, kann ich auf die Schnelle nicht sagen. In die sowjetischen Kinos kamen gemäß IMDb beispielsweise ROBIN HOOD (mit Douglas Fairbanks) und Keatons THE GENERAL (dieser aber erst 1929). Die 1920er Jahre kannten natürlich eine wesentlich lockerere Kulturpolitik als in den 1930er und 1940er Jahre, und sei es nur in Bezug auf Auslandsreisen, die sowjetische Filmemacher sich zu dieser Zeit noch erlauben konnten, um etwa Filme zu sehen – oder gar Filme zu planen und zu drehen, wie Manfred über Eisensteins lange Westreise schon berichtete.

ODNA IZ MNOGICH war auch ein frühes Beispiel der Vermischung von Animations- und Realfilmelementen – in der Sowjetunion möglicherweise der erste Film, der so etwas machte. Er enthält zudem auch etwas, was man als Proto-Mockumentary-Element bezeichnen könnte: das Dokument eines realen Ereignisses (Mary Pickfords und Douglas Fairbanks‘ Moskau-Besuch) wird nicht nur als Aufhänger für eine Kurzgeschichte gebraucht, sondern auch mit Spielszenen montiert (wenn die junge Frau, gespielt von einer A. Kudrjavceva, in einer jubelnden Menschenmenge zu sehen ist). Das dauert nur einige Sekunden. Im selben Jahr wie ODNA IZ MNOGICH kam ein abendfüllender Film mit dieser Idee heraus: in POCELUJ MĖRI PIKFORD („Ein Kuss von Mary Pickford“) verliebt sich ein Theaterkassierer in eine Schauspielerin vor dem Hintergrund von Pickfords und Fairbanks‘ Moskaubesuch. In die Filmhandlung sind zahlreiche dokumentarische Filmaufnahmen der beiden Hollywood-Stars montiert, deren Besuch von zahlreichen Kameramännern festgehalten wurde. Die beiden US-Stars wussten wohl im vornherein von dem Projekt – und haben für den Regisseur Sergej Komarov möglicherweise einige Szenen (als sich selbst) gespielt.

Doch zurück zu ODNA IZ MNOGICH, der diese ganzen Elemente völlig nonchalant und mit großer Leichtigkeit nutzt. Dazu gehört auch der Bruch der Vierten Wand, als sich die junge Filmliebhaberin begeistert an die Kamera wendet: das wirkt hier unglaublich frisch, bevor solche Effekte etwas über ein halbes Jahrhundert später zum Klischee postmoderner Ironie wurden.



BUDEM ZORKI [„Wir werden wachsam sein“]
Sowjetunion 1927
Regie: Nikolaj Chodataev

Im gleichen Jahr wie ODNA IZ MNOGICH kam von Nikolaj Chodataev ein Film heraus, der wieder das Zerrbild des fetten, grotesken, westlichen (hier spezifisch: englischen) Kapitalisten zeigte. Neidisch sieht dieser, wie die sowjetische Wirtschaft immer mehr anwächst. Das lässt er sich natürlich nicht bieten und sabotiert sie, indem er an ein paar Strommästen die Kabel runterreisst, so dass die sowjetische Wirtschaft dann (im freeze-frame) stillsteht. Dagegen hält die Sowjetunion viele Lösungen bereit: sozialistische Sterne, Bomberflugzeuge – und Staatsanleihen! Mit diesen sollen die sowjetischen Arbeiter und Bauern ihr Vaterland dabei unterstützen, die westliche Bourgeoisie zu zerschlagen, was explizit nicht nur mit dem Gewehr, sondern auch mit dem Rubel gelingen soll. Da bleibt dem grotesken, fetten, englischen Kapitalisten nichts anderes übrig, als heulend zusammenzubrechen.
BUDEM ZORKI ist kein großer Wurf, zumal bei nur drei Minuten und zumal er offensichtlich nur ein Werbeclip war, um den Verkauf von Staatsanleihen anzukurbeln. Nicht uninteressant ist er filmisch, weil er in nicht einmal drei Minuten recht flott ein Bedrohungsszenario aufmacht und die Überwindung dieses aufzeigt und dabei fließend zwischen Animation und Realfilm (hier: stock footage) hin- und her wechselt (und an einer Stelle sogar kurz kombiniert).
Der Film ist auch das Dokument eines Landes, das sich im permanenten Kriegszustand wähnt und sich in einem Zustand extremer Anspannung befindet, angetrieben von einer intensiven, ausländerfeindlich angehauchten Spionage- und Sabotage-Paranoia. Der Beginn des Stalinismus wird gemeinhin mit 1928 beziffert, doch der Übergang war in vielerlei Hinsicht eben auch fließend.



SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK [„Der Samojeden-Junge“]
Sowjetunion 1928
Regie: Nikolaj Chodataev, Ol‘ga Chodataeva, Valentina Brumberg, Zinaida Brumberg
Animation: Vasilij Semёnov

Die Russische Revolution war nicht nur russisch. Nur knapp über die Hälfte der sowjetischen Bevölkerung war in den 1920er Jahren russisch. In der ersten All-Unions-Volkszählung von 1926 waren knapp unter 200 nationale Gruppen gelistet. Nebst Russen wären als größere nationale Gruppen Ukrainer, Weißrussen, Polen, Juden (die den Status einer eigenen Nationalität hatten), Georgier, Armenier, Usbeken, Tataren und andere zu nennen. Unter den kleinen nationalen Gruppen waren viele indigene Volksgruppen aus Sibirien und dem hohen russischen Norden verzeichnet – darunter die Nency bzw. Nenzen (das Regie-Autoren-Duo Aleksej Fedorčenko und Denis Osokin siedelten den Film ANGELY REVOLJUCII, über den ich vom goEast-Festival 2015 berichtete, in den Nenzen-Regionen an).

Nun: in SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK erlegt der Nenzen-Junge Ču bei einem Ritt durch die verschneite Steppe einen Bären, der ihm aber im Dorf gleich vom betrügerischen Schamanen wieder abgenommen wird. Ču dient dem Dorfschamanen als Assistent beim Gottesdienst: er bedient den Mechanismus, der das Idol vor versammelter Gemeinde bewegt. Aus Rache für den gestohlenen Bären lässt er den ganzen Schwindel auffliegen und den Schamanen dabei blöd aus der Wäsche gucken. Dieser setzt Ču auf einer Eisscholle dann aus (wie genau, ist unklar – möglicherweise ist der Film nur teilweise überliefert und hier lückenhaft). Ču wird von einem sowjetischen Dampfer gerettet und dann an der Arbeiterfakultät für Völker des Nordens in Leningrad ausgebildet.

SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK entstand im Kontext der sowjetischen Nationalitätenpolitik der 1920er Jahre, der sogenannten „Einwurzelungspolitik“ (korenizacija). Ihr Ziel war es, die nicht-russische Bevölkerung des Landes aktiv in das neue System zu integrieren. Dafür sollte die Sowjetmacht vor Ort die Sprache der jeweiligen Bevölkerung sprechen können. Die umfassenden Alphabetisierungskampagnen der 1920er Jahre fanden in muttersprachlichem Unterricht statt. Millionen von Ukrainern, die nicht in ehemaligen Habsburger Gebieten lebten, lernten beispielsweise erst in den 1920er Jahren in ihrer eigenen Muttersprache lesen und schreiben. Ein umfassendes und kompliziertes System von Sowjetrepubliken und autonomen Gebieten wurde implementiert – zusammen mit nationalen Quotenregelungen für die Besetzung von Staats-, Partei-, Verwaltungs- und Wirtschaftsämtern. Jede Nationalität sollte ihre eine eigene Nationalgeschichte und Nationalkultur haben (die Quadratur des Kreises war, dass diese natürlich „sowjetisch“ sein sollten und – die antireligiösen Kampagnen waren in den 1920er Jahren am virulentesten – möglichst „atheistisch“).
Die korenizacija-Politik, die in der Geschichtswissenschaft nach wie vor rege diskutiert wird, war ein zweischneidiges Schwert und ist keinesfalls mit der Vision eines multikulturellen Landes zu verwechseln: die Zukunftsvision der Bolschewiki war städtisch, industriell und im Kern auf eine europäische Moderne ausgerichtet. Bereits russische Bauern waren ihnen völlig fremd – nichtrussische Nomaden, Jäger und Sammler erst recht. Die korenizacija bedeutete auch einen Zwang zu nationaler Kategorisierung und zementierte das Denken in nationalen Kategorien. Jeder Sowjetbürger hatte in seinem Pass (also nicht „Reisepass“, denn die gab es nicht für jedermann, sondern im Pass zur Identifikation innerhalb der Sowjetunion) eine Nationalität verzeichnet. Anfang der 1930er Jahre endete die korenizacija, und der sowjetische Staat ging über zu einer Politik der Russifizierung sowie zu massivem Terror gegen nationale Minderheiten.

Ču, der Held von SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK, wendet sich jedenfalls in seinem Dorf (aus persönliche Gründen) gegen das „alte Regime“ (dem Einfluss der Schamanen) und dem neuen Regime zu, das ihm eine gute Ausbildung ermöglicht (im Film allerdings auf Russisch). Er erinnert sich trotzdem an seine Heimat (in einem Flashback, der als Splitscreen realisiert ist und interessanterweise das Lenin-Portrait an der Wand überdeckt). Als er am Ende aus der Arbeiterfakultät geht, ist es also nicht unwahrscheinlich, dass er in seine Heimat zurückkehrt, um dort als Parteiarbeiter oder Verwaltungsbeamter am Aufbau des sowjetischen Staates mitzuwirken – bevor er dann möglicherweise zwischen 1936 und 1938 hingerichtet wurde oder in einem Lager verschwand.

Der Stil von SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK, so ist es an mehreren Stellen zu lesen, sei von den Holzschnitzereien der Nenzen beeinflusst. Der oben genannte Regisseur Nazarov nennt den „Leningrader Stil“ des Malers Mstislav Dobužinskij als weiteren Einfluss auf den Look von SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK. Ich selbst kann das schlecht beurteilen: mir scheint es jedoch, dass der Stil jenem in ODNA IZ MNOGICH nicht völlig unähnlich und dem des nächsten Filmes, GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA, sogar sehr ähnlich ist – vielleicht ein Hinweis darauf, dass die Chodataevs (offiziell waren die Brumbergs an letzterem nicht beteiligt) mittlerweile eine persönliche Handschrift entwickelt hatten. Die russischen Zwischentitel bilden jedenfalls in beiden Filmen schöne, lautmalerische Reime.

Und wer denkt, dass der Humor und das Quäntchen Irrsinn nach ODNA IZ MNOGICH versiegt ist, wird gleich eines besseren belehrt!



GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA [„Der grausame Vavila und Tantchen Arina“]
Sowjetunion 1928
Regie: Nikolaj Chodataev, Ol‘ga Chodataeva

Die Russische Revolution sollte nicht nur Arbeiter, Bauern und nationale Minderheiten befreien – sondern auch Frauen. Mit den Frauen verhält sich die ganze Sache zumindest ganz am Anfang der Revolution sehr einfach: ohne Frauen hätte es möglicherweise keine Russische Revolution gegeben. Anfang 1917 zeigte das Russische Reich bereits massive Zerfallserscheinungen. Am 23. Februar gingen streikende Textilarbeiterinnen in Petrograd – die männlichen Arbeiter waren mehrheitlich an der Front – auf die Straße, um für „Brot und Frieden“ zu demonstrierten. Ihnen schlossen sich viele weitere Frauen an. Diese Demonstration markierte den Beginn der sogenannten Februarrevolution, die zur Abdankung des Zaren, zur Berufung der „Provisorischen Regierung“ und zur Projektierung einer Verfassungsgebenden Versammlung führte. Der Begriff der „Februarrevolution“ hielt sich – der julianische Kalender nicht, und deshalb wurde später das gregorianische Datum dieses Ereignisses zum Frauentag erklärt: also der 8. März.

An einem solchen 8. März spielt auch GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA, allerdings nicht in der nunmehr Leningrad benannten Stadt, sondern in einem namenlosen russischen Dorf, in dem die beiden Titelfiguren leben. Tantchen Arina jedoch hat nicht gemerkt, dass heute der 8. März ist. Die Sonne erinnert sie daran und durch eine List bringen sie die beiden Eimer, die sie schleppt, nach Hause zurück, wo sie sich erinnert und von allen Haushaltsgegenständen einen kleinen Freudentanz vorgeführt bekommt. Die Garderobenständer geben ihr sogar ausdrücklich frei. In der Zwischenzeit kommt eine Nachbarin vorbei und ermuntert Arina, an diesem freien Tag zur Versammlung zu gehen. Selbst auf dem russischen Dorf gäbe es an einem freien Tag bestimmt Spannenderes zu tun, als zur Versammlung zu gehen – aber na gut: Richtung Versammlung also! Auf dem Weg treffen die beiden Frauen Arinas Mann, der offensichtlich bereits betrunken ist, aggressiv sein Mittagessen fordert und Arina schließlich schlägt. Nach einigem Ringen ziehen die Frauen dann doch los und lassen Vavila zurück, der blöd aus der Wäsche schaut. Wenn sich dieser dann an den Zuschauer wendet, was das denn für ein Männerleben sei und wer ihm jetzt seine Suppe und seinen Kartoffelbrei koche, wirkt er schon ziemlich lächerlich. Als sich aber zuhause die Haushaltsgegenstände über ihn lustig machen, zieht er wieder mit einem schlagfähigen Gegenstand los. Auf dem Weg gabelt er einen Kumpanen auf. Als sie vor der Hütte stehen, in der die Versammlung stattfindet, wird ihnen die Tür vor die Nase zugehauen. Bei der Versammlung wird Arina durch andere Versammlungsteilnehmerinnen vom Konzept der sowjetischen Befreiung der Frau überzeugt. Vavila und sein Kumpane schauen wieder blöd aus der Wäsche, und werden gar von den Gegenständen, die sie mitgenommen haben, um ihre Frauen zu schlagen, selbst geschlagen und vertrieben. Die Frauen indessen demonstrieren durch das Dorf mit der Losung „Nieder mit Küche und Herd“und die letzten Bilder machen klar, dass die Sonne sich mit ihnen solidarisiert.

Das größte Geheimnis von GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA ist vielleicht sein Titel: warum gehört der Titel nicht Arina alleine und warum ist sie erst an zweiter Stelle genannt? Die belebten, tanzenden, aktiv in die Handlung eingreifenden Haushaltsgegenstände geben dem Film eine leicht märchenhafte Note – aber hier endet auch jegliche Ähnlichkeit mit den Zeichentrickfilmen des Disney-Studios. Die in wenigen Minuten erzählte Geschichte einer weiblichen Befreiung, die gleichzeitig gewalttätige Männlichkeitsfantasien dekonstruiert, ist eher verwandt mit FEMINA RIDENS, SECRETARY, SEDMIKRÁSKY, AN ANGEL AT MY TABLE und teils BIGGER THAN LIFE – im sowjetischen, zeitgenössischen Kontext am ehesten vielleicht mit Eisensteins GENERAL‘NAJA LINIJA, in dem sich eine Bäuerin aktiv für die Modernisierung ihres Dorfes einsetzt. Im Gegensatz zu diesem denkt GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA allerdings kaum in sowjetischen, frühstalinstischen Klassengegensätzen, sondern konzentriert sich ganz auf den Geschlechtsaspekt bzw. auf die Überwindung ländlich-patriarchalischer Mentalitäten. Vavila ist persönlich „grausam“, aber kein Kulak oder Saboteur des sowjetischen Dorfes. Am Ende bekommt er jene Prügel, die er seiner Frau gegeben hat bzw. geben wollte, in ausgleichender Gerechtigkeit zurück. Ob er in einem potentiellen „Sequel“ des Films vielleicht lernen könnte, ein freundlicher, respektvoller und nüchterner Sowjetbürger zu werden, bleibt offen.
Ob Arina und ihre Freundin auch in den 1930er Jahren viel zu lachen hatten, muss ebenso offen bleiben. Als Bauern gehörten sie zu den potentiellen Opfern der Kollektivierungskampagnen, die sich ein Jahr später intensivierten. Auch als Frauen hatten sie womöglich nicht mehr lange zu lachen. Das Klima der Frauenbefreiung der 1920er Jahre endete ebenfalls in der Stalin-Ära: die Frauenabteilung der Kommunistischen Partei, die unter anderem die Legalisierung der Abtreibung und ein liberales Scheidungsrecht durchgesetzt hatte, wurde aufgelöst, eben erwähnte Gesetze rückgängig gemacht oder zumindest wieder verschärft und ein konservativeres Familienbild mit der Ehefrau und Mutter am Herd propagiert.



ORGANČIK [„Die Spieldose“]
Sowjetunion 1933
Regie: Nikolaj Chodataev

Unter einem namenlosen Zaren, der nicht der schlechteste war, aber doch der niederträchtigste, stirbt der Gouverneur von Dummstadt. Der Zar sucht einen Nachfolger und möchte den Kandidaten schicken, der am lautesten schreien kann, und das ist der General-Major Übermütig. Der wiehert so laut wie ein Pferd und hat nichts im Kopf – deshalb kriegt er dorthin eine Spieldose verpflanzt, die den menschlichen Verstand ersetzt. Der neue Stadtgouverneur von Dummstadt beginnt, kompulsiv Drohungen auszusprechen (er kreischt immer wieder „Razboju“ – „ich werde zerstören“) und um sich zu schlagen und erhält vom Zaren den Auftrag, die Grundsteuern mit allen Mitteln zu erheben und jegliches freie Denken zu zerschlagen. In Dummstadt wird der neue Gouverneur von den Notabeln (Klerus, Verwaltung, Händler) begeistert empfangen. Wenig begeistert ist er von der städtischen Bücherei, die er sogleich niederbrennen lässt. In seiner neuen Residenz angekommen entdeckt er die Liste der unbezahlten Grundsteuern aus den umliegenden Dörfern, was ihn wieder dazu bringt, eine Drohhaltung einzunehmen. Mit einer halben Armee zieht der neue Stadtgouverneur los und lässt ohne Vorwarnung ein Dorf bombardieren. Geknickt zahlen die Bauern die wenigen Rubel, die sie dem Staat schulden. Zur Feier des Sieges gibt es ein rauschhaftes Fest im Theater, bei dem der Stadtgouverneur ordentlich über die Stränge schlägt. Später wird der Betrunkene in seine Kutsche geworfen und Richtung Residenz gefahren, doch ein Sturm zieht auf. Die Kutsche gerät in ein Zeitloch und landet in einer sowjetischen Stadt der frühen 1930er Jahre. Nach kurzer Zeit wird das Gefährt der vergangenen Zeit vom motorisierten Verkehr überrollt. Der Stadtgouverneur landet im Fluss, ertrinkt und verschwindet. Die Spieldose, die in seinem Kopf das Gehirn ersetzte, wird im Museum aufbewahrt...

In der Kürze liegt die Würze des frühen sowjetischen Animationsfilms? Der zweitlängste der besprochenen Chodataev-Filme hat mir ebenso wenig gefallen wie der China-Halbstünder. Verfilmt hat Chodataev eine Erzählung des Schriftstellers Michail Saltykov-Ščedrin, einem der großen Satiriker des 19. Jahrhunderts: ein vehementer Kritiker von Bürokratie, Repressionen und sozialem Elend in der Ära Alexanders II. und Alexanders III. Es ist vermutlich letzterer, der dem Zaren in ORGANČIK als Vorbild diente: seine autoritäre, repressive Herrschaft beendete drastisch die vorangehende Reform-Ära Alexanders II. und sein korpulentes Äußeres lässt sich im leicht tierischen, namenlosen Zaren des Films erahnen. Die marxistischen Revolutionäre Russlands hatten ein gespaltenes Verhältnis zu Michail Saltykov-Ščedrin, weil er einerseits als Musterkritiker des alten Regimes, andererseits als nicht dezidiert politisch genug galt. Jedenfalls wurde 1932 die Bibliothek, die heute die Russische Nationalbibliothek ist, nach Saltykov-Ščedrin benannt und behielt diesen Namen auch bis Anfang der 1990er Jahre.

ORGANČIK war nicht der erste Tonfilm Chodataevs: 1931 hatte er bereits den tönenden Film AVTODOREC gedreht, über eine Organisation, die die Motorisierung des Landes und die Verbesserung des Straßennetzes vorantreiben wollte. Den Film habe ich nirgendwo gefunden und deshalb belasse ich es bei einem kurzen Hinweis. Die Nutzung des Tons geht in ORGANČIK kaum weiter als bis zur Untermalung mit Musik und vielen eher gimmick-haften Soundeffekten, die witzig sein sollen, aber zumindest bei mir nicht gefunkt haben. Narrativ wirkt der Ton jedenfalls kaum als Fortschritt gegenüber Chodataevs früheren Arbeiten: ORGANČIK ist sein Film mit den meisten expositorischen Zwischentiteln und Texten. Und im Gegensatz zu SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK oder GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA reimen sich die Texte nicht. 

SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK
GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA
SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK sowie GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA sind auf einer kürzlich erschienen Doppel-DVD-Box der „filmedition suhrkamp“ mit dem Titel Der neue Mensch: Aufbruch und Alltag im revolutionären Russland enthalten. Der Titel der Edition mag nichtssagend sein und die Auswahl der Filme an sich scheint ein bisschen willkürlich, da man darunter nun wirklich vieles zusammenfassen könnte. Enthalten sind jedenfalls acht Filme: vier abendfüllende Spielfilme und vier Kurzfilme. Die Stummfilme (darunter die beiden Filme der Chodataevs) werden vom exzellenten Weimarer Stummfilmpianisten Richard Siedhoff begleitet. Die Auswahl und Zusammenstellung der Filme mag etwas willkürlich sein, ändert aber nichts daran, dass die Edition Der neue Mensch sehr schön ist. Die beiden Chodataev-Filme (die anderen bestimmt auch, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zu schauen) sind in guter Bildqualität zu sehen.

SAMOEDSKIJ MAL‘ČIK sowie GROZNYJ VAVILA I TЁTKA ARINA waren für mich eine Anregung, mich weitergehend mit den Chodataevs und dem frühen sowjetischen Animationsfilm zu befassen. Aus der DVD-Edition Der neue Mensch werde ich in Kürze mindestens noch einen Spielfilm besprechen – vielleicht aber auch mehr.

Donnerstag, 19. Januar 2017

Was macht man mit einem Nagelbrett, wenn man kein Fakir ist?

Man macht damit Filme - was sonst? So sahen das jedenfalls Claire Parker und Alexandre Alexeïeff. Sehen wir uns zunächst den ersten und vielleicht bekanntesten Film der beiden an:

UNE NUIT SUR LE MONT CHAUVE (EINE NACHT AUF DEM KAHLEN BERGE)
Frankreich 1933
Regie: Alexandre Alexeïeff und Claire Parker



Die Musik, die dem Film seinen Titel und sein Thema gab, ist die sinfonische Dichtung "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" von Modest Mussorgski, hier in einer Orchesterbearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow. Es geht in der Musik (und somit auch im Film) um eine Art Hexensabbat auf dem slowenischen Berg Triglav. Es passieren die wildesten Dinge in dieser Nacht, und man sollte als gewöhnlicher Sterblicher besser nicht in der Nähe sein, aber am nächsten Morgen ist der Spuk vorbei. Damit ist das Stück thematisch mit "Danse macabre" von Camille Saint-Saëns verwandt, das auch mehrere filmische Interpretationen erfuhr. Zu Mussorgski sollten Parker und Alexeïeff noch zweimal zurückkehren.

Alexandre Alexeïeff und Claire Parker 1960 (À PROPOS DE JIVAGO)
Alexandre Alexeïeff (1901-1982), ursprünglich Alexander Alexandrowitsch Alexejew, war ein Russe im französischen Exil. Einige Jahre seiner Kindheit verbrachte er in Istanbul, wo sein Vater Militärattaché war. Nach dem Besuch einer Kadettenanstalt in Sankt Petersburg emigrierte er 1921 und landete schließlich in Paris - Französisch hatte er auf Betreiben seiner Mutter schon als Kind gelernt. 1923 heiratete Alexeïeff die Schauspielerin und Zeichnerin Alexandra Grinevsky (oder, nach russischer Konvention, Grinevskaya), die uneheliche Tochter eines russischen Würdenträgers, der sie schon als Kind nach Paris abgeschoben hatte. Mit Alexandra hatte Alexeïeff eine Tochter, die Malerin Svetlana Alexeieff-Rockwell (1923-2015) - sie ist die Mutter des Regisseurs Alexandre Rockwell. Während der 20er Jahre betätigte sich Alexeïeff als Bühnenbildner und Kostümdesigner für Theatergrößen wie Louis Jouvet und Georges Pitoëff sowie als Buchillustrator - sein zeichnerisches Talent wurde schon in der Kadettenanstalt gefördert, und er hatte sich zum Graveur weitergebildet. Das Spektrum der von Alexeïeff illustrierten Autoren reichte von Gogol, Puschkin und Dostojewskij über Poe und Cervantes bis Apollinaire, Baudelaire und Malraux. 1931 lernte er die wohlhabende amerikanische Kunststudentin Claire Parker (1906-1981) kennen, die schon ein technisches Studium am Massachusetts Institute of Technology absolviert hatte und nun nach Paris gezogen war. Nach Alexeïeffs Scheidung 1940 oder 1941 (die Quellen sind sich nicht ganz einig) wurde Parker seine zweite Frau. Parker und Alexeïeff waren aber schon bald nach ihrer Bekanntschaft ein Liebespaar, und Alexandra Grinevsky arrangierte sich irgendwie mit der Situation.

Alexeïeff und Parker bei der Arbeit an Illustrationen zu "Doktor Schiwago" (À PROPOS DE JIVAGO)
Irgendwann Ende der 20er oder Anfang der 30er Jahre verspürte Alexeïeff den Wunsch, die Bilder im Stil seiner Buchillustrationen in Filmen zum Leben zu erwecken. Die feinen Graustufen, Schattierungen und plastischen Wirkungen, die man mit Lithografie, Aquatinta und ähnlichen Techniken hervorrufen konnte, und die Alexeïeff schätzte, waren aber mit der klassischen Zeichentricktechnik der cel animation kaum zu erreichen, und was er keinesfalls machen wollte, waren Filme im Cartoon-Stil. Deshalb ließ er sich etwas anderes einfallen - etwas ganz anderes. Und damit kommen wir zum Nagelbrett (auf Englisch meist pinscreen, gelegentlich auch pinboard genannt, auf Französisch écran d'épingles). Zunächst mit Unterstützung von Alexandra Grinevsky, dann mit Parker, entwickelte Alexeïeff das Verfahren, zeitweise arbeiteten auch alle drei zusammen daran. Die technisch begabte Claire Parker hatte möglicherweise den größten Anteil, jedenfalls lief das 1935 erteilte französische Patent auf ihren Namen. Künstlerisch scheint Alexeïeff der Kopf der Gruppe gewesen zu sein. Bei den fünf eigenständigen Filmen sowie dem Prolog zu Orson Welles' LE PROCÈS, die mit dem Nagelbrett realisiert wurden, arbeiteten Parker und Alexeïeff als Animateure und Regisseure eng zusammen, so dass man sie alle als gemeinsame Werke der beiden bezeichnen muss. Grinevsky war daran nicht mehr beteiligt, aber bei etlichen der Werbefilme, die die Gruppe zum Broterwerb drehte (ohne Nagelbrett, was viel schneller ging), wirkte sie aktiv mit.

Die Hauptrichtungen des Dreiecksmusters werden sichtbar, wenn man das Nagelbrett frontal anstrahlt
(dieses und die nächsten vier Bilder: PIN SCREEN von Norman McLaren)
Wie funktioniert das Ding nun also? Das haben Parker und Alexeïeff selbst am besten erklärt. 1972 hielten sie auf Einladung von Norman McLaren am National Film Board of Canada (NFB) ein Seminar vor den dort tätigen Animationsfilmern, die auch selbst an einem mitgebrachten Nagelbrett unter Aufsicht der beiden Altmeister experimentieren durften (Ryan Larkin war auch mit dabei). McLaren machte daraus einen 40-minütigen Film, der laut Anfangscredits vollständig THE ALEXEIEFF-PARKER PIN SCREEN bzw. L'ÉCRAN D'ÉPINGLES ALEXEIEFF-PARKER heißt, aber meist nur kurz PIN SCREEN genannt wird. Der Film war wohl hauptsächlich als Lehrmaterial für zukünftige Studenten am NFB gedacht, aber heute bildet er auch (neben ihren Filmen natürlich) ein Vermächtnis von Parker und Alexeïeff. Daneben gab es weitere Dokus, z.B. den kurzen und ohne Worte auskommenden À PROPOS DE JIVAGO von 1960 (die beiden hatten damals mit dem Nagelbrett Illustrationen für eine Ausgabe von Boris Pasternaks "Doktor Schiwago" erstellt), und einen noch kürzeren mit dem Titel TROIS THÈMES, der sie an der Arbeit zu ihrem gleich betitelten letzten Film zeigt. Die Bilder hier sind alle aus diesen Filmen.

Seminar vor kleinem, aber exquisitem Publikum; rechts das "kleine" Modell
mit 240.000 Nägeln und seine beiden Schöpfer
Das Nagelbrett ist eine vertikal stehende Tafel mit einem regelmäßigen Dreiecksmuster von Löchern. Und zwar sehr vielen Löchern - das erste einsatzfähige Exemplar hatte ungefähr eine Million davon. In den Löchern stecken spitze Metallstifte, die länger sind als die Dicke der Tafel. Die Stifte sind beweglich, können also so verschoben werden, dass sie entweder auf der Vorder- oder der Hinterseite der Tafel herausragen, oder eine beliebige Zwischenstellung einnehmen. Eine bestimmte Schmierflüssigkeit sorgt dafür, dass die Nägel weder zu leicht noch zu streng gleiten, so dass man sie nur mit einem gewissen Krafteinsatz verschieben kann. Der Clou ist nun, dass die Vorderseite der Tafel weiß ist, während die Nägel mehr oder weniger schwarz sind. Die Vorderseite der Tafel wird nun von einer starken Lichtquelle von der Seite her beleuchtet. Je nachdem, wie weit die Stifte hervorstehen, werfen sie einen mehr oder weniger langen Schatten. Während ein einzelner Nagel praktisch keinen wahrnehmbaren Effekt hat (er ist quasi ein einzelnes Pixel in einem hoch aufgelösten Bild), ergibt die Summe der Nägel in einem Gebiet der Tafel je nach ihrer Stellung eine beliebig einstellbare Mischung von beleuchteten und beschatteten Stellen auf der Tafel, und damit aus der Entfernung betrachtet (oder mit einer Filmkamera in Einzelbildschaltung aufgenommen) beliebige Grauabstufungen.

Das Prinzip wird am vergrößerten Modell erklärt
Damit das funktioniert, ist es wichtig, dass der Lichteinfall aus der richtigen Richtung erfolgt. Die jeweils benachbarten Löcher bzw. Stifte bilden gleichseitige Dreiecke. Wenn das Licht parallel zu einer der drei, um 60° gegeneinader gedrehten, Dreiecksseiten einfallen würde, dann würden sich "Korridore" ergeben, die nie beschattet werden, egal wie weit die Stifte herausstehen. Die Richtung des Lichteinfalls muss also um einen gewissen Winkel zu den drei "Hauptrichtungen" gedreht sein. Wenn dann die Stifte nur leicht herausstehen, wirft jeder einen isolierten Schatten. Wenn die Stifte weiter herausstehen, vereinigen sich diese einzelnen Schatten zunehmend zu einem zusammenhängenden Gebilde, das bei maximal hervorstehenden Stiften schließlich die ganze Fläche in diesem Bereich der Tafel bedeckt und so für Schwarz sorgt.


Um die Stifte für eine Aufnahme zu positionieren, wurden sie mit Gegenständen aller Art in die richtige Stellung gedrückt, und zwar von beiden Seiten der Tafel, je nach gewünschter Wirkung. Wenn man beispielsweise eine weiße Linie in eine dunkle Fläche "zeichnen" wollte, oder aber umgekehrt, so musste man im einen Fall zuerst alle Nägel dieser Fläche von hinten nach vorne drücken und dann die Nägel an der vorgesehenen Linie wieder von vorne nach hinten drücken - oder im anderen Fall genau spiegelbildlich vorgehen. "Gedrückt" wurde mit allen möglichen Gegenständen, etwa Linealen, Messern und Löffeln, und vielen weiteren Utensilien, die man in einem Haushalt findet, aber auch mit speziellen Anfertigungen von Alexeïeff und Parker. Vor allem kamen Rollen unterschiedlicher Breite und Form zm Einsatz, mit denen man Linien und Streifen beliebiger Breite in die "Matte" aus Nägeln walzen konnte. Wenn diese Rollen keine glatte Rollfläche hatten, sondern ein bestimmtes Muster darin aufwiesen, so konnte man dieses Muster in der Art eines antiken Rollsiegels auf die Nägel übertragen.


Im praktischen Einsatz war es so, dass Alexeïef als künstlerischer Kopf die Bilder auf dem Nagelbrett schuf (und zwar frei, also ohne Storyboard oder dergleichen), während Parker dabei assistierte und die Kamera bediente, so dass sich nach dem Stop-Motion-Prinzip nach und nach der Film zusammensetzte. War schon die Entwicklung des Nagelbretts eine komplizierte und nicht ganz billige Angelegenheit, so galt das auch für das Drehen von Filmen damit. Es war hohe künstlerische und technische Fertigkeit von Nöten, hohe Konzentration und vor allem viel Geduld. Die Arbeit an UNE NUIT SUR LE MONT CHAUVE begann 1931 und dauerte eineinhalb Jahre. Nach der Premiere in Paris gab es viel Lob von Künstlern und von der Kritik, doch dann stellten Parker und Alexeïeff das Nagelbrett erst mal in die Ecke und drehten Werbefilme (im Gegensatz zu den Nagelbrettfilmen in Farbe), zusammen mit Alexandra Grinevsky (wie oben schon erwähnt) sowie ein oder zwei angestellten Animateuren. Aber auch hier gaben sich Alexeïeff und seine Mitstreiter künstlerisch und technisch einige Mühe. Ab 1936 gab es auch eine Reihe von Auftragen aus Deutschland, so dass das Studio vorübergehend nach Berlin verlegt wurde. Das Spektrum der beworbenen Produkte reichte vom Loewe Opta Radioempfänger bis zu Klopapier. Anfang 1938 gingen Alexeïeff und seine Mitstreiter zurück nach Paris, und 1940 setzte sich die Ménage-à-trois Parker, Alexeïeff und Grinevsky (samt Tochter Svetlana) in die USA ab. Dort ließ sich Alexeïeff, wie schon erwähnt, von Grinevsky scheiden, die daraufhin eigene Wege ging, während Parker und Alexeïeff nicht nur als künstlerisches Team zusammenblieben, sondern dann auch heirateten.

Die Lichtquelle wird justiert (À PROPOS DE JIVAGO)
Im amerikanischen Exil drehten Parker und Alexeïeff keine Werbeclips, aber dafür den zweiten Nagelbrettfilm, und zwar beim NFB. Norman McLaren, der beim NFB die Animationsfilmabteilung aufgebaut hatte und für Jahrzehnte leitete, hatte UNE NUIT SUR LE MONT CHAUVE irgendwann in den 30er Jahren gesehen und war schwer beeindruckt, und er hatte wohl Wind davon bekommen, dass sich Parker und Alexeïeff in den USA aufhielten. 1944 produzierte McLaren am NFB eine Reihe von kurzen Animationsfilmen unter dem Sammeltitel CHANTS POPULAIRES, in denen jeweils ein franko-kanadisches Volkslied mit Bildern versehen wird, und er lud Parker und Alexeïeff ein, auch einen Beitrag dazu abzuliefern. Das Ergebnis war der (ohne den Serienvorspann) nicht mal eineinhalbminütige EN PASSANT. Da er als fünfter Film der Serie erschien, findet man ihn auch unter dem Titel CHANTS POPULAIRES N° 5.

Auf den Einfallswinkel des Lichts kommt es an: links oben ganz schlecht, dann zunehmend
besser, aber noch nicht perfekt (PIN SCREEN)
Nach dem Krieg kehrte das Paar nach Paris zurück und nahm Anfang der 50er Jahre zunächst seine Tätigkeit als Werbefilmer wieder auf. Alexeïeff erdachte in dieser Phase ein Verfahren, das er "Totalisation" nannte. Dabei wird eine Lichtquelle, die pendelt, rotiert oder sich sonstwie annähernd regelmäßig bewegt, mit sehr langer Belichtungszeit aufgenommen, so dass die Lichtspur festgehalten wird. Das kombinierte er mit konventioneller Stop-Motion-Technik und weiteren Verfahren und erzielte damit interessante Wirkungen, so dass sein Studio, wie schon in den 30er Jahren, großen Anklang bei den Werbekunden fand. Zwei Werbeclips aus dieser Phase, die bis Mitte der 60er Jahre dauerte, habe ich hier vorgestellt (allerdings beide ohne Totalisation). Bei den Werbefilmen wurde meist Alexeïeff als alleiniger Regisseur benannt, aber Parker beteiligte sich auch daran.

Dieselbe Konfiguration des Nagelbretts bei zwei verschiedenen Lichteinfallswinkeln (À PROPOS DE JIVAGO)
1962 gab es eine weitere Auftragsarbeit für das Nagelbrett: Den Prolog zu Orson Welles' Kafka-Verfilmung LE PROCÈS. Da es sich um eine Abfolge von Standbildern handelt, ist die Sequenz kein Nagelbrettfilm im engeren Sinn. Die Stimme gehört natürlich Meister Welles persönlich, der Kafkas Parabel "Vor dem Gesetz" rezitiert, die einen abgeschlossenen Text innerhalb von "Der Prozess" bildet. 1963 folgte dann der dritte "richtige" Nagelbrettfilm, LE NEZ (DIE NASE), zugleich der längste seiner Art von den beiden. Im Gegensatz zum frei-assoziativen UNE NUIT SUR LE MONT CHAUVE folgt diese Verfilmung der gleichnamigen absurden Parabel von Nikolai Gogol einer klareren Handlungslinie, wenn auch einer ziemlich surrealen: Einem Beamten kommt seine Nase abhanden, die daraufhin ein Eigenleben führt.

Werkzeuge: Verschiedene Rollen, aber auch Matrjoschka-Puppen; unten: eine sehr breite Rolle dient
als "Schwamm" zum Löschen der gesamten "Tafel" (PIN SCREEN)
Die letzten beiden Nagelbrettfilme von Alexeïeff und Parker markieren die Rückkehr zu Mussorgski. TABLEAUX D'UNE EXPOSITION (1972) ist natürlich eine Interpratation von "Bilder einer Ausstellung", ein Jahr nachdem sich Emerson, Lake and Palmer auf ihre Art dieser Musik angenommen hatten. Es spielt der österreichische Pianist Alfred Brendel. Bei diesem Film kommt eine Neuerung zum Tragen: Es werden nicht nur eines, sondern zwei Nagelbretter verwendet. Während das etwas größere im Hintergrund fixiert ist, ist das kleinere im Vordergrund um eine vertikale Achse drehbar gelagert. TROIS THÈMES von 1980 schließlich, wieder mit Brendel am Klavier, ist der Schwanengesang des Paars. Claire Parker starb 1981, Alexandre Alexeïeff 1982.

Werkzeugkasten (À PROPOS DE JIVAGO)
Das Nagelbrett, das Parker und Alexeïeff 1972 nach Kanada mitbrachten, ist kleiner als das Original aus den 30er Jahren (das sich heute im Centre national du cinéma et de l'image animée in Paris befindet) und hat "nur" ca. 240.000 Nägel. Dieses Exemplar wurde nach dem Seminar sogleich vom NFB erworben, und es ist (als einziges weltweit) noch immer im Einsatz. Für lange Jahre war Jacques Drouin vom NFB der einzige, der die Nachfolge von Alexeïeff und Parker antrat und die nötige Mühe und Geduld für Filme mit dem Nagelbrett aufbrachte. Besonders schön ist etwa LE PAYSAGISTE / MINDSCAPE . Das Motiv der Leinwand, auf der sich der "reale" Hintergrund nahtlos fortsetzt, ist sicher von René Magritte inspiriert. Nagelbrettfilme sind naturgemäß zunächst einmal schwarzweiß, aber natürlich ist es nicht weiter schwer, ihnen eine monochrome Einfärbung zu verpassen, wie in Drouins EX-ENFANT / EX-CHILD. Auch nachdem sich Drouin mittlerweile im Ruhestand befindet, ist die Technik noch nicht tot - Michèle Lemieux hat 2012 mit LE GRAND AILLEURS ET LE PETIT ICI den bislang letzten Vertreter hervorgebracht. Hier erzählt sie etwas über die Entstehung des Films, und man bekommt noch einmal die Technik erklärt und demonstriert. Es kann also weitergehen!

Ein Ring mit einem Profil ähnlich einem Fahrzeugreifen erzeugt beim Abrollen
ein Muster, aus dem Getreide wird (À PROPOS DE JIVAGO)
In den 70er Jahren entwickelte ein Ward Fleming eine Vorrichtung, die dem Nagelbrett von Parker und Alexeïeff sehr ähnlich ist. Die Stifte sind hier nicht aus Metall, sondern Kunststoff, sie sind leichter verschiebbar, und sie sind wohl noch dichter gepackt als beim klassischen Nagelbrett - jedenfalls entstehen hier die Bilder nicht durch den Schattenwurf, sondern durch das dreidimensionale Relief der Stifte selbst. Dennoch ist die Verwandtschaft mit dem ursprünglichen Konzept unübersehbar. Das hielt Fleming nicht davon ab, sich als Erfinder seiner Entwicklung zu betrachten und diese zum Patent anzumelden. Eine kleine Spielzeugversion davon hat sich zig-millionenfach verkauft, Fleming dürfte also ziemlich reich damit geworden sein. Es gibt aber auch sehr große Exemplare, die sich auch für Live-Performances wie diese hier eignen.

Derselbe Ring wie oben erzeugte auch den Stamm und die Zweige
des Weihnachtsbaums (À PROPOS DE JIVAGO)
Alle Nagelbrettfilme von Parker & Alexeïeff (außer dem Prolog zu LE PROCÈS) und eine Auswahl von 20 Werbefilmen sowie À PROPOS DE JIVAGO, McLarens PIN SCREEN, Drouins LE PAYSAGISTE / MINDSCAPE und einige weitere Bonusfilme sind zusammen in Frankreich auf der DVD Alexeïeff - Le cinéma épinglé erschienen. DVD und Booklet sind zweisprachig Französisch/Englisch. Eine amerikanische Lizenzausgabe davon gibt es auch. Wer beim Nagelbrett nicht kleckern, sondern klotzen will, kommt an einer dieser beiden Scheiben nicht vorbei. Die Bildqualität ist selbstredend besser als bei den YouTube-Videos. UNE NUIT SUR LE MONT CHAUVE ist auch im 7-DVD-Set Unseen Cinema. Early American Avant-Garde Film 1894-1941 enthalten, PIN SCREEN auch im 7-DVD-Set Norman McLaren. The Master's Edition. LE PROCÈS ist auf diversen DVDs und Blu-rays erhältlich.

TROIS THÈMES (Kurzdoku): Alexeïeff und Parker bei der Arbeit an ihrem gleichnamigen letzten Film