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Dienstag, 31. Januar 2012

Jetzt schlägt's 13

Jetzt schlägt's 13 (Alternativtitel: Es schlägt 13)
(Jetzt schlägt's 13, Österreich 1950)

Regie: E.W. Emo

Mit dem Rat “Wenn du zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht!” verabschiedet sich der soeben entlassene Hausdiener und Nietzsche-Kenner Max von seinem ehemaligen Herrn, der das harte Los der Ehe gezogen hat. Und tatsächlich: Dessen Angetraute soll rasch dafür sorgen, dass sich die vom "jungen Glück" bewohnte Villa Sonnenschein in eine (vermeintliche) Mördergrube verwandelt, die es mit jeder Edgar Wallace-Spelunke aufnehmen kann - woran Max selber allerdings auch nicht ganz unschuldig ist...


Es war nicht zuletzt der während des Dritten Reichs als linientreu geltende Komödienspezialist und Hausregisseur der Wien-Film E.W. Emo (eigentlich Emerich Josef Wojtek), der mit leichten Unterhaltungsfilmen (Theo Lingen bezeichnete sie als “Limonadenfilme”) dafür sorgte, dass dem deutschsprachigen Publikum das Lachen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abhanden kam. Das Muster, nach dem diese Filme gestrickt waren, darf als denkbar einfach bezeichnet werden. Sie standen in der Tradition des  Schwanks, wie ihn etwa die Autoren Arnold und Bach (“Die spanische Fliege”, 1913, “Der wahre Jakob”, 1924) im frühen 20. Jahrhundert geprägt hatten: Man lasse ein scheinbar geregeltes Familienleben durch ein unvorhergesehenes Ereignis aus dem Lot geraten und sorge dafür, dass ein schier hoffnungsloses Tohuwabohu mit mehreren Beteiligten entsteht, das sich am Ende erstaunlicherweise zur Zufriedenheit aller auflöst. Emos Trümpfe waren zwei hervorragende Komiker, die er wegen der denkbar unterschiedlichen Typen, die sie verkörperten, gerne (gelegentlich mit Heinz Rühmann) zusammen einsetzte und gegeneinander ausspielte: der nuschelnde österreichische Volksschauspieler Hans Moser mit seinem griesgrämigen Gesicht und der näselnde, oft als versnobbter Kleinbürger daherkommende Hannoveraner Theo Lingen. Diese beiden Schauspieler sollten auch nach dem Krieg für Erfolge garantieren; und dies, “brave 50er" hin oder her, wesentlich schneller, pointenreicher, gelegentlich sogar etwas schlüpfriger als unter Goebbels’ totaler Kontrolle. So entstanden ein paar Filme, die trotz des bescheidenen Budgets, das zur Verfügung stand, noch heute entschieden grösseren Unterhaltungswert besitzen als so manche Operette oder Heimatschnulze der Zeit. Deshalb lohnt es sich, an den weitgehend vergessenen E.W. Emo zu erinnern.

Im Hause des erst seit drei Wochen verheirateten Schriftstellers und Verfassers des Buchs “Das Glück in der Ehe” Mario Jaconis herrscht Krieg. Seine eifersüchtige Frau Hedy weiss sehr wohl, dass ihm sein treuer Diener Max, ein gieriger Zeitungsleser und Verschlinger seines Horoskops,  dabei hilft, ehemalige Liebschaften zu verheimlichen und - nicht wörtlich nehmen! - zu erledigen. Der Gehilfe muss weg, ein neuer Hausdiener her. Dieser findet sich im braven Ferdinand, dessen einzige Leidenschaft Kriminalromane sind und der leider betont,  seine früheren Herrschaften seien alle verstorben. - Die Verwechslung zweier Koffer hat zur Folge, dass beide Diener zu der Überzeugung gelangen, der andere sei ein Raubmörder und es sei ihre Pflicht, die Herrschaft vor dem jeweiligen Bösewicht zu schützen. Max kehrt in die Villa Sonnenschein zurück, und als dann noch eine alte Freundin von Hedy nebst Jaconis neuem Verleger eintreffen, bricht das Chaos aus: Ferdinand fühlt sich plötzlich vergiftet, versucht sich mit Milch zu entgiften und lässt sich sogar zu einem “Ich bin lieber feig als tot” (man stelle sich diesen Satz in einer Komödie der Nazi-Zeit vor!) hinreissen. Max wiederum vergeht die Lust, mit den Hausmädchen zu flirten (“Bei jedem jungen Mädchen werde ich mich gerne deiner erinnern”), und die Herrschaften verdächtigen sich noch mehr der gegenseitigen Untreue als zuvor. Werden am Ende nur noch Leichen im Kohlenkeller und unter dem Tisch liegen - oder hilft doch ein spezielles Gemüse: Rhabarber?


Das wirkliche Leben der schon während des Dritten Reichs höchst erfolgreichen Komiker Hans Moser und Theo Lingen zeichnete sich übrigens durch alles andere als unbeschwerte Komik aus: Beide waren mit Frauen jüdischer Herkunft verheiratet und durften sich nur weiterhin als Schauspieler betätigen, weil der Propagandaminister einsah, wie bedeutend sie für das deutsche Lustspiel waren. Der stille, intellektuelle Lingen, in den frühen 30ern in ernsten Rollen von Fritz Lang geschätzt,  konnte mit seiner Frau, einer Halbjüdin, unter Entbehrungen zusammenbleiben, die Frau des Grantlers Hans Moser, der als Mitglied diverser Wanderbühnen Jahre bitterer Armut hinter sich hatte, emigrierte bis Kriegsende nach Ungarn.  - In den 50er Jahren sollten die beiden Schauspieler noch in ein paar sehenswerten Lustspielen wie “Jetzt schlägt’s 13” (ganz auf sie zugeschnitten, weshalb der junge Josef Meinrad als Jaconi erstaunlich blass wirkt) glänzen; als aber die deutsche Komödie nicht zuletzt “dank” sich für Schauspieler haltender Sänger immer mehr ins Seichte abglitt, sank der begnadete Theo Lingen mit ihr und gab sich für peinliche Erzeugnisse wie “Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut” (1971) her. Kein schöner Abschluss einer wirklich bemerkenswerten Karriere! -  Obwohl “Jetzt schlägt’s 13” in mancher Beziehung veraltet und stereotyp wirken mag, nimmt er es tempomässig rasch mit einer amerikanischen Komödie dieses Jahrtausends auf und spart auch nicht mit herrlichen Pointen. Ein Rhabarber-Film, der noch immer für einen heiteren Abend sorgt: