Posts mit dem Label John Sayles werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label John Sayles werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 24. Januar 2011

Kurzbesprechung: Sunshine State


Land des Sonnenscheins
(Sunshine State,  USA 2002)

Regie: John Sayles

Es ist in den letzten Jahren zumindest hierzulande erstaunlich still geworden um John Sayles, den wohl bedeutendsten Independent-Filmer der 90er Jahre (“Passion Fish”, 1992, “Lone Star”, 1996). Obwohl er munter weiter Filme drehte, gelangte in Deutschland nach “Limbo” (1999) nur noch der von Schweizer Kritikern schon früh gelobte “Casa de los babys” (2003) mit grosser Verspätung in die deutschen Kinos. Könnte es daran liegen, dass sich Sayles auf  uramerikanische Themen beschränkt - und dass er diese mit einem Ernst angeht, der den Europäern nicht so liegt?

“Sunshine State”, ein Film, der seine Weltpremiere immerhin noch an den Internationalen Filmfestspielen von Cannes feiern durfte, beschäftigt sich mit den verlockenden Versuchen hinterhältiger Bodenspekulanten, in Florida den alteingesessenen Küstenbewohnern ihr Land abzuluchsen, um es in Golfplätze und Nobelvillen-Parzellen zu verwandeln. - Die Einwohner von Delrona Beach, einst ein exklusives Seebad für die afroamerikanische Bevölkerung, heute ein Symbol für die real existierende Rassentrennung im Süden der USA, sind hin- und hergerissen zwischen familiären Verpflichtungen und der Aussicht auf Gewinn: Mary, die das Motel und Restaurant ihres beinahe erblindeten Vaters führt, möchte gerne verkaufen und einen Strich unter ihre Probleme mit Männern ziehen. Der alte Dr. Elton Lloyd, ein Mann, der die Vergangenheit heraufbeschwört, leistet heftig Widerstand gegen die Pläne der Immobilienhaie. - Unterdessen findet in Delrona Beach das alljährliche Seeräuber-Fest statt, dem sich die “typische Amerikanerin” Francine (eine Glanzrolle für Mary Steenburgen) mit Inbrunst widmet, obwohl das Prunkstück des Fests, ein Schiff, in Flammen aufgegangen ist - während sich ihr wettsüchtiger Ehemann vergeblich das Leben zu nehmen versucht. --- Und in diese Situation hinein platzt die schwarze Schauspielerin Desiree, die  einst von ihrer Mutter fortgeschickt wurde, weil sie sich in der High School schwängern liess...

Dies sind nur einige Figuren, denen wir in John Sayles’ hervorragend besetztem und fotografiertem Ensemble-Film begegnen. Und alle diese Figuren wollen sich aussprechen, wollen abrechnen, finden oft gar nicht einmal die richtigen Worte für ihre Gefühle, was “Sunshine State” zu einem ausserordentlich beredten, um nicht zu sagen: geschwätzigen Film macht. Obwohl einige snobbististische Golfspieler zu Beginn und in der Mitte des Films auf dessen eigentliches Thema und die (mögliche?) Zukunft von Delrona Beach hinweisen, beschwört der Regisseur derart viele gesellschaftskritische Elemente und Einzelschicksale, die im Gegensatz zum Problem der grenzüberschreitenden Adoption in “Casa de los babys” höchstens angetippt, jedoch nie wirklich stimmig ausgelotet werden, herauf, dass der Zuschauer sich oft nicht mehr einzufühlen oder die schönen Bilder zu würdigen vermag - und 134 sich in die Länge ziehende, leider etwas leere und poesielose Minuten hinter sich bringt. Schade! Aus “Sunshine State” hätte sich durchaus ein die Situation eines in sich zerrissenen Städtchens spannend wiedergebendes Erlebnis machen lassen.