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Mittwoch, 30. November 2011

Waking Ned Devine


Lang lebe Ned Devine!
(Waking Ned Devine, Grossbritannien, Frankreich, USA  1998)

Regie: Kirk Jones

Man bezeichnet sie als Topoi, diese seltsamen Motive, die lange Zeit lediglich als Versatzstücke ein Schattendasein führen, auf etwas verweisen (zum Beispiel auf ein: “Hey Leute, ihr habt es mit einer Wohlfühlangelegenheit zu tun!”), urplötzlich aber doch Sinn und Bedeutsamkeit anzunehmen vermögen. Und es gibt sie natürlich auch im Film. Ein solcher Topos, man könnte ihn als “Schwierige Einzelgestalten raffen sich zum Wohle aller zusammen”-Motiv bezeichnen, geisterte ab Mitte der 90er Jahre durch das englische Kino. Er erwachte in “The Full Monty” (1997) zu blühendem Leben, weil der Männer-Striptease-Geschichte daran lag, auch die sozialen Umstände, die ein solches Sich-Zusammenraffen nötig machten, miteinzubeziehen. Weitere Filme, in denen der Topos mehr oder weniger glücklich eingesetzt wurde, waren “Still Crazy” (1998), “Saving Grace” (2000), “Blow Dry” (2001) und “Calendar Girls” (2003). Von einer gegenseitigen Beeinflussung ist kaum auszugehen, eher von einer Befindlichkeit, die die Sehnsucht nach einer erfolgreichen Gemeinschaft förderte.

Auch “Waking Ned Devine”, der Erstling von Kirk Jones, bedient sich des Topos  und setzt ihn für eine recht ungewöhnliche und wenig wahrscheinliche Geschichte ein: Der ganz dem Lotto ergebene Rentner Jackie ist überzeugt, dass jemand in seinem irischen 52-Einwohner-Dorf Tullymore den Jackpot geknackt hat, und er macht es zu seiner zweifelhaften Lebensaufgabe,  den glücklichen Gewinner zu ermitteln. Als er und sein Freund Michael feststellen, dass nur einer der regelmässigen Lottospieler zu einer speziell der Informationsbeschaffung dienenden Party nicht auftauchte, steht fest: Es war Ned Devine! - Dieser hat allerdings ein kleines Problem: Der Schreck über den unerwarteten Sechser liess ihn das Zeitliche segnen. Soll, so fragt sich Jackie nun, der Gewinn wegen einer solchen Kleinigkeit verfallen, ohne dass er etwas davon hätte?  Und er lässt sich einen hinterhältigen Plan einfallen, wie man die paar Millionen der Lottogesellschaft doch noch abjagen könnte. Bald steht das ganze Dorf hinter ihm. Dann taucht die “Hexe” Lizzy Quinn am Horizont auf. Sie hat herausgefunden, wie sie selber an einen beträchtlichen Anteil des Geldes zu kommen vermag...

“Waking Ned Devine”, auf der Isle of Man gedreht, wurde zum grossen Erfolg bei den Kritikern. Tatsächlich wartet der Film mit herb-schönen Landschaften auf, zeichnet sich auch durch hervorragende Darsteller aus, die uns in kleinen Nebensträngen weitere Bewohner des abgeschiedenen Dorfes näherbringen. Im Grunde genommen ist die Geschichte jedoch banal, hat kaum Überraschungen zu bieten. Sie taugt vielleicht als belanglose kleine Komödie, die vom typischen britischen Humor Gebrauch zu machen versucht (ein kleines Beispiel: als Jackie und Michael Neds Gesichtszüge zu verschönern versuchen, fällt dessen Prothese aus dem Mund). Selbst dieser Humor ist jedoch nicht schwarz genug, um britisch zu sein. Und der an den Haaren herbeigezogene Schluss, der offenbar noch für ein wenig Spannung sorgen soll, wirkt geradezu peinlich. - Der Film mag für einen locker-bedeutungslosen Abend sorgen, reicht jedoch nicht ansatzweise an den erwähnten “The Full Monty” heran, weil es ihm an Substanz fehlt. Wer freilich - um doch noch einen Teaser zu hinterlassen - an alten Knackern, die nackt auf einem Motorrad durch die Gegend tuckern, seine Freude hat, wird von “Waking Ned Devine" nicht enttäuscht sein.